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Simulierte Mondreise

Mehr als 70 Experimente für die Weltraumforschung

Am 19. März 2019 {…} hat im Institut für Biomedizinische Probleme der Russischen Akademie der Wissenschaften (IBMP RAS) in Moskau ein besonderes Experiment begonnen. Rund vier Monate, bevor sich die erste Mondlandung der Apollo-11-Astronauten zum 50. Mal jährt, gehen drei „Kosmonautinnen“ und drei „Kosmonauten“ bis zum 19. Juli 2019 auf eine simulierte Reise zu unserem Erdtrabanten. Abgeschlossen von der Außenwelt leben, arbeiten und forschen sie 122 Tage lang unter vollständigen Isolationsbedingungen im Moskauer NEK-Habitat, ein 550 Kubikmeter großes Modul für die Simulation von Weltraumeinsätzen.

„Nur durch biomedizinische Forschungen dieser Art werden künftige Reisen zu anderen Himmelskörpern möglich sein. Sechs dieser Experimente kommen aus Deutschland“, betont Dr. Christian Rogon, SIRIUS-Projektleiter im Raumfahrtmanagement des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR), das neben der französischen Raumfahrtagentur CNES unter der Leitung der russischen Raumfahrtagentur Roskosmos und der US-amerikanische Weltraumbehörde NASA an der Isolationsstudie SIRIUS-19 beteiligt ist.

In jüngster Zeit ist der Mond wieder stärker in den Fokus der Raumfahrtagenturen gerückt. „Doch bevor hier überhaupt sinnvoll geforscht werden kann, müssen Besatzungen ausgebildet werden, die eine solche Mission erfolgreich bestreiten. Dafür müssen sie – wie in SIRIUS-19 – lange Zeit in einer Mischung aus psychischem Stress durch totale Abgeschiedenheit und hohem Leistungsdruck leben können. Nur so können wir mehr über das Zusammenspiel von Körper und Geist in Isolation erfahren“, erklärt Rogon. Diese Erkenntnisse gewinnt man am besten, wenn eine simulierte Mondmission unter einem möglichst realistischen Szenario abläuft. Beim SIRIUS-19-Experiment sind daher unter dem Kommando des 44-jährigen russischen Kosmonauten Yevgeny Tarelkin, der bereits eine „echte“ Weltraummissionen bestritten hat, Reinhold Povilaitis und Allen Mirkadyrov (beide US-Amerikaner) sowie Daria Zhidova, Anastasia Stepanova und Stephania Fedeye (alle aus Russland) zu der viermonatigen simulierten Mondreise aufgebrochen. DLR-Projektleiter Rogon: „Wichtig ist bei SIRIUS-19, dass dieses Mal – im Gegensatz zu vergleicbaren Studien wie zum Beispiel MARS 500 vor acht Jahren – auch Frauen mit an Bord sind. Wie löst eine gemischte Crew die Herausforderungen in der Isolation? Wie geht sie mit möglichen Pannen um? Wie reagiert sie auf erhöhten Leistungsdruck? Das sind alles Fragen, auf deren Antworten wir schon sehr neugierig sind“.

Nachdem die Crew nach drei Tagen Raumflug in einen Mondorbit eingeschwenkt ist und sich so einer orbitalen Mondstation genähert hat, dockt ihre kleine Kapsel am zehnten Tag endlich an. Jetzt können die „Kosmonauten“ in den neuen Lebensraum übersiedeln und die gesamte Station nutzen, die von nun an 100 Tage ihr Zuhause und ihr Arbeitsplatz sein wird. Sie werden täglich Gesundheits- und Fitnesschecks durchlaufen, Sport treiben, Sicherheitstrainings absolvieren, die Station keimfrei halten und Raumschiffe an- und abkoppeln. Zahlreiche Experimente machen ihren Acht-Stunden-Arbeitstag komplett. {…}

Während ihres Aufenthaltes auf der simulierten orbitalen Mondstation müssen die Kosmonauten insgesamt mehr als 70 Experimente absolvieren. Sechs davon stammen aus Deutschland und werden zum größten Teil vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) über das DLR Raumfahrtmanagement gefördert. So testen zum Beispiel Forscher des DLR-Instituts für Luft- und Raumfahrtmedizin in Köln ein neues Lernprogramm, mit dem Raumfahrer das Andocken von Raumschiffen an Raumstationen üben können. Auf diese Weise erlernen sie selbständig die geistigen und motorischen Fähigkeiten zur manuellen Kontrolle von Objekten mit sechs Freiheitsgraden. {…}

Zwei Experimente der Deutschen Sporthochschule Köln gehen auf die Suche nach den effektivsten Trainingsmethoden für Raumfahrer, die einem Abbau der Muskel- und Knochenmasse sowie einer Beeinträchtigung des Herz-Kreislaufsystems und der Psyche während Weltraummissionen entgegenwirken sollen. {…}

Vollständige Quelle: DLR