Sexarbeit in Europa
Erhöhte Vulnerabilität für psychische Erkrankungen
Depressionen, Substanzkonsum, Suizidalität und posttraumatischer Stress: Menschen, die der Sexarbeit nachgehen, haben eine erhöhte Vulnerabilität, psychische Erkrankungen auszubilden. Das zeigt eine Übersichtsarbeit, die Forschende der Katholischen Hochschule Nordrhein-Westfalen (katho) kürzlich in der Fachzeitschrift „Das Gesundheitswesen“ veröffentlicht haben. Anlaufstellen mit fachlich versiertem Personal, die die betroffenen Sexarbeiter*innen in weiterführende Behandlungen vermitteln, könnten die belastende Situation verbessern.
In der Arbeit mit dem Titel „Psychische Gesundheit von Sexarbeiter*innen in Europa: ein Scoping-Review“ analysierten die Forschenden zwölf europäische Studien aus Großbritannien, Schottland, Irland, Dänemark, den Niederlanden, Spanien, Portugal und der Schweiz, die die psychische Gesundheit von 1.895 Sexarbeiter*innen in den Fokus nahmen. Im Ergebnis berichteten 56 bis 75 Prozent der befragten Sexarbeiter*innen über mindestens eine psychische Störung. Besonders häufig treten bei den Befragten Depressionen, Substanzkonsum, Suizidalität und posttraumatischer Stress auf.
„Nicht Sexarbeit an sich führt zu einem schlechteren Gesundheitszustand, sondern einige Vulnerabilitätsfaktoren nehmen offenbar Einfluss auf die gesundheitliche Situation“, sagt Mitinitiatorin der Studie Anna Mühlen. Als belastende Faktoren konnten der Migrationshintergrund von Sexarbeiter*innen, mögliche Gewalterfahrungen, der Arbeitsumfang, der Kontext, indem die Sexarbeit stattfindet, sowie eine geringe soziale Unterstützung ausgemacht werden.
Die Forscher*innen fordern niedrigschwellige Anlaufstellen mit fachlich versiertem Personal, die die betroffenen Sexarbeiter*innen in weiterführende Behandlungen vermitteln. Zudem sollten Ansätze entwickelt werden, die auf eine Förderung der psychischen Gesundheit von Sexarbeiter*innen abzielen. Die Politik müsse diese Personengruppe in den Fokus nehmen und unterstützen: „Ein Verbot von Sexarbeit ist nicht zielführend, da hierdurch Sexarbeiter*innen in die Illegalität gedrängt werden und die Zugänge für eine psychosoziale Beratung und Unterstützung massiv erschwert werden“, sagt Prof. Dr. Daniel Deimel vom Deutschen Institut für Sucht- und Präventionsforschung (DISuP) der katho. […]
Vollständige Quelle: katho NRW