KWR Kölner Wissenschaft

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Sakralräume – Nutzungskonzepte für alte Kirchen

Nachbericht: Wissenschaft in Kölner Häusern

Die Kulturkirche Ost in Köln Buchheim bot als besonderes „Kölner Haus“ den Rahmen für den Vortrag der Architekturhistorikerin Prof. Dr. Stefanie Lieb. Sie referierte zum Thema, wie Kirchengebäude angesichts schwindender Gläubigenzahlen sinnvoll erhalten und weiter genutzt werden können. Die Auferstehungskirche, die von den Architekten Georg Rasch und Winfried Wolsky zwischen 1965 und 1968 errichtet wurde und sich heute in der Trägerschaft der kommunalen Wohnungsbaugesellschaft GAG Immobilien befindet, ist hierfür beispielhaft: Es finden weiterhin Gottesdienste statt, die Kirche wird aber auch für Ausstellungen, Konzerte, Vorträge und Diskussionsveranstaltungen genutzt.

Während die schwindende Macht der Kirchen als Institutionen in Deutschland kaum auf gesellschaftlichen Widerstand stößt, ist der Aufschrei dennoch zumeist groß, wenn konkrete Kirchen abgerissen werden sollen. Stefanie Lieb gab eine Vielzahl
von Beispielen aus NRW und der Gegend rund um Leipzig, wie in Ost- und Westdeutschland Kirchen auf unterschiedliche Art und Weise nachgenutzt oder hybrid genutzt werden können. In dem ostdeutschen Untersuchungsgebiet ging es eher darum, alte Kirchen, die zu DDR-Zeiten nicht genutzt wurden und daher um 1989/90 baufällig waren, zu retten. In NRW sorgte vor allem der Zuzug von Menschen aus den östlichen Gebieten nach dem Zweiten Weltkrieg für eine Welle an Kirchenneubauten. Wieder ist die Auferstehungskirche ein passendes Beispiel für einen allgemeinen Trend: Der Kölner Siedlungsbezirk Buchforst entstand in den 1920er bis 1930er Jahren. In der Nachkriegszeit zogen viele evangelische Heimatvertriebene zu und wünschten sich
eine eigene Kirche. Das Rheinland weist die größte Dichte von Nachkriegskirchen weltweit auf. Es stand schon zur Diskussion, dies in das Unesco-Weltkulturerbe aufzunehmen. Vieler dieser nun langsam baufälligen Kirchen sind jedoch bislang architektonisch wenig geschätzt und von der Denkmalpflege noch nicht hinreichend erfasst. Oft droht der Abriss.

Die Besucher*innen des Vortrages kamen zusätzlich in den Genuss einer Kunstausstellung, die gerade in der Kulturkirche Ost zu sehen war: „Kollaborate“ der Künstlerin Reni Scholz befasst sich mit dem Zwischenbereich von Zeichnung und
Skulptur und thematisiert den Umgang mit Zeit und Vergänglichkeit – Themen, die nicht nur Motive jeglicher Religion und Spiritualität sind, sondern Kirchengebäude aktuell auch ganz konkret betreffen.