DLR_Experiment HP3

Bild: Experiment HP3 zur Messung des Wärmeflusses auf dem Mars | DLR

Neues vom Mars-Maulwurf HP3

Erklärung für die Verkrustung des Marsbodens gefunden

Mole, der Marsmaulwurf: Vier Jahre lang hat er eine kleine, in der Planetenforschung viel beachtete „Karriere“ hingelegt.

Mit dem Bild des tunnelgrabenden Säugers wurde ein Experiment auf dem Mars benannt, das es so vorher in der Planetenforschung noch nicht gab. Am Landeplatz der NASA-Mission InSight wurde im Januar 2019 ein am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) entwickeltes und mit europäischen Partnern gebautes Instrument auf den Marsboden gesetzt, das eine Rammsonde bis zu fünf Meter in den Boden treiben und dann den Wärmefluss aus dem tiefen Inneren des Planeten messen sollte. Dafür bürgerte sich der englische Begriff „Mole“ ein, Maulwurf.

Jetzt hat die Auswertung von begleitenden Messungen der tages- und jahreszeitlich schwankenden Temperaturen des Maulwurfs an und direkt unter der Oberfläche neue Ergebnisse erbracht: Die Temperaturen in den obersten 40 Zentimetern des Marsbodens fördern die Bildung von krustigen Salzfilmen, im Englischen als „Duricrust“ bezeichnet, die den Boden verhärten.

Die Messungen der Temperaturverläufe im obersten Marsboden an der Landestelle von InSight über viele Marstage und damit auch im Wechsel der Jahreszeiten lieferten jetzt wichtige Erkenntnisse: zur Entstehung des „Duricrust-Bodens“, aber auch zu Prozessen, die wichtig sind hinsichtlich der Habitabilität, also der potentiellen Möglichkeit für Lebewesen, auf dem Mars zu existieren.

Fast vier Jahre (das sind zwei Marsjahre) führte der Lander InSight seine Experimente auf der Marsoberfläche durch. In dieser Zeit drang der am DLR-Institut für Planetenforschung entwickelte Maulwurf trotz vieler, am Ende vergeblicher Versuche nur 40 Zentimeter tief in den Boden ein. Dieser erwies sich als unerwartet verkrustet aber gleichzeitig hochporös.

„Um sich eine Vorstellung über die mechanischen Eigenschaften des Bodens machen zu können, verweise ich gerne auf den in der Floristik für Gestecke verbreiteten Blumensteckschaum, ein leichtes, hochporöses Material, in dem Löcher ent-stehen, wenn man Pflanzenstiele hineindrückt“,

erklärt Prof. Tilman Spohn, wissenschaftlicher Leiter des Experiments HP3 am DLR-Institut für Planetenforschung.

Der Maulwurf fand deshalb nicht genug Reibung an der Grenzfläche zwischen Metall und Boden, die den verbliebenen Rückschlag des Hammermechanismus hätte aufnehmen können und ihm dadurch ein tieferes Eindringen in den Boden ermöglichte.

Das DLR-Experiment HP3 (Heat Flow and Physical Properties Package) zur Messung des Wärmeflusses aus dem Inneren des Mars war folglich nur teilweise erfolgreich. Das Hämmern in den Boden wurde deshalb Anfang 2021 eingestellt. Die Ergebnisse der anschließenden Temperaturmessungen wurden jetzt im Fachmagazin Geophysical Research Letters veröffentlicht.

„Blick“ in das Innere des Mars

Wegen des bis in eine Tiefe von 20 Zentimetern verkrusteten Marsbodens, was aufgrund von Orbitermessungen nicht erwartet worden war, drang der Maulwurf nur knapp 40 Zentimeter tief in den Boden ein.

Nach der Beendigung der Hämmerversuche wurde er als Thermalsonde verwendet.

„Dabei haben wir an sieben Marstagen die Wärmeleitfähigkeit und die Temperaturschwankungen in kurzen zeitlichen Abständen gemessen“,

berichtet Prof. Tilman Spohn.

„Darüber hinaus haben wir kontinuierlich die höchsten und tiefsten Tagestemperaturen über das zweite Marsjahr gemessen. Dabei betrug die durchschnittliche Temperatur minus 56 Grad Celsius oder 217,5 Kelvin über die Tiefenausdehnung der etwa 40 Zentimeter langen Thermalsonde. Diese Aufzeichnungen des Temperaturverlaufs über Tageszyklen und verschiedenen Jahreszeiten hinweg waren die ersten dieser Art auf dem Mars.“

Die Temperaturen im oberflächennahen Grund beeinflussen physikalische Eigenschaften wie die Elastizität des Bodens, die Geschwindigkeit seismischer Wellen, die thermale Leitfähigkeit und die Wärmekapazität, auch, wie sich Material im Marsboden bewegt.

„Die Temperatur hat auch starken Einfluss auf chemische Reaktionen, die im Boden stattfinden, auf den Austausch mit den Gasmolekülen der Atmosphäre und damit auch auf potentielle biologische Prozesse mit Blick auf mögliches mikrobielles Leben auf dem Mars“,

so Spohn weiter.

Auch für die zukünftige Mars-Exploration mit Menschen sind die Erkenntnisse über die Eigenschaften und Festigkeit des Marsbodens von besonderem Interesse.

Kristallisierte salzige Lösungen verhärten den Boden

Die Temperatur im Boden schwankte während eines Marstages um fünf bis sieben Grad, was nur ein Bruchteil der täglichen Schwankungen der Oberflächentemperatur von 110 bis 130 Grad ausmacht. Der Marsboden stellt also einen guten Isolator dar und dämpft die großen Temperaturunterschiede direkt an der Oberfläche schon in geringer Tiefe ganz erheblich, 10 bis 20 mal stärker als der Erdboden.

Im Laufe der Jahreszeiten schwankte die Temperatur um 13 Grad. Dabei liegt die Temperatur in den bodennahen Schichten unter dem Gefrierpunkt für Wasser auf dem Mars.

Interessant ist vor allem, dass die Temperatur die Bildung dünner Filme aus flüssigen, salzhaltigen Solen für zehn Stunden oder mehr während eines Marstages im Winter und im Frühling ermöglicht wenn genügend Feuchte in der Atmosphäre vorhanden ist.

Die Verfestigung dieser Sole ist deshalb die wahrscheinlichste Erklärung für die beobachtete, rund 20 Zentimeter dicke Duricrust-Schicht aus verfestigtem, kohäsivem Sand, von der man annimmt, dass vor allem sie das Eindringen der thermischen Sonde der Mission in größere Tiefen behindert hat.

Erstmals Bestimmung der Dichte des Marsbodens

Zusätzlich zu den Temperaturen konnte aus einem Vergleich der Bodentemperatur mit der Oberflächentemperatur die thermische Diffusivität, einem Maß für die Rate des Wärmetransports in einem Stoff, oder thermische Leitfähigkeit bestimmt werden.

Aus dem Verhältnis von Wärmeleitfähigkeit und Diffusivität konnte erstmalig die Dichte des Marsbodens abgeschätzt werden, was mit allen bisherigen Landesonden nicht möglich war. Diese entspricht in den obersten 30 Zentimetern (einschließlich der Duricrust) derjenigen von basaltischem Sand, einem Verwitterungsprodukt von häufig, auch auf der Erde, vorkommenden eisen-magnesiumreichen Vulkangestein, und darunter der von verfestigtem Sand und gröberen Basaltstücken.

Premiere in der Erforschung des Mars

Als die NASA-Mission InSight am 26. November 2018 nahe dem Äquator in der Ebene Elysium Planitia sanft aufsetzte, war es eine Premiere in der Erforschung des Mars: Zum ersten Mal wurde eine Station auf die Oberfläche des „Roten Planeten“ gebracht, die das Ziel hatte, mit geophysikalischen Messungen einen „Blick“ in das Innere des Planeten zu werfen. Die beiden wichtigsten Instrumente für InSight kamen aus Europa: das französische Experiment SEIS zur Messung von Erschütterungen des Bodens durch Marsbeben und Asteroideneinschlägen und die vom DLR beigestellte Thermalsonde HP3, die den Wärmefluss an und unter der Oberfläche messen sollte, um vor allem Aufschlüsse über die thermale Entwicklung und die Existenz eines erstarrten oder aber vielleicht noch flüssigen Metallkerns zu ermöglichen.

Das HP3-Experiment wurde vom Nutzerzentrum für Weltraumexperimente (MUSC) der DLR-Einrichtung Raumflugbetrieb und Astronautentraining in Köln gesteuert. Wegen immer stärkerer Staubablagerungen auf den Solarpanelen der Landesonde wurde die Stromversorgung für die Plattform, die Experimente und die Kommunikation in der zweiten Jahreshälfte 2022 immer kritischer, was schließlich zum Verlust der Verbindung zum Lander führte. Daraufhin beschloss die NASA, die Mission InSight mit dem 15. Dezember 2022 für beendet zu erklären.