KWR Kölner Wissenschaftsrunde

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Mars EXperiment

Gibt es Leben auf dem Mars?

Chlorophyllin, Beta-Carotin, Melanin, Chitin, Zellulose, Naringenin, Querzetin – solche exotisch klingenden biologischen Verbindungen sind wichtige Bestandteile irdischer Organismen, die extreme Umweltbedingungen aushalten. Zwischen Oktober 2014 und Februar 2016 wurden diese sieben Moleküle einem Langzeit-Stresstest im Weltall unterzogen. Überleben diese Substanzen auch die harten Strahlungsbedingungen im All? Wie stark setzen ihnen die extremen Temperaturunterschiede dort zu? Wie verändern sie sich? Und könnten sie beispielsweise auf dem Mars auch mit ferngesteuerten Messinstrumenten identifiziert werden? 469 Tage wurden die Biomoleküle an der Außenwand der Internationalen Raumstation ISS der intensiven Strahlung und dem alle 90 Minuten wechselnden Tag-und-Nacht-Rhythmus ausgesetzt. Das Ergebnis des vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) angeführten Experiments zeigt, dass die Biomoleküle im Marsboden zum einen fast unverändert überleben würden, vor allem aber mit der Methode der Raman-Spektroskopie auf dem Mars identifiziert werden könnten.

„Unsere Ergebnisse sind die ersten systematisch gemessenen Raman-Signaturen, quasi Fingerabdrücke von isolierten und im niedrigem Erdorbit dem Weltall ausgesetzten Biomolekülen“, erklärt Dr. Mickael Baqué vom DLR-Institut für Planetenforschung. „Sie bestätigen, dass wir die Raman-Spektroskopie, eine schnelle und zerstörungsfreie Messtechnik, für die Suche nach Spuren von Leben auf dem Mars einsetzen können – insbesondere im von der UV-Strahlung abgeschirmten Untergrund.“ Mickael Baqué ist Erstautor einer nun im Wissenschaftsmagazin Science Advances erschienen Studie, die Messungen und Ergebnisse des Experiments BIOMEX zusammenfasst. BIOMEX steht für BIOlogy and Mars EXperiment und war eines von vier Experimenten, die unter dem Namen EXPOSE-R2 zusammengefasst waren. Die Experimente wurden gemeinsam von der Europäischen Weltraumorganisation ESA und der russischen Agentur Roskosmos auf der ISS durchgeführt. Am 18. Juni 2016 kehrten die nach dem Experiment vor Licht- und Umwelteinflüssen geschützten Proben mit dem ESA-Astronauten Tim Peake in einer Sojus-Kapsel zur Erde zurück. Die Auswertung erfolgte unter anderem am DLR.

Die Suche nach fossilen oder noch heute lebenden Organismen auf anderen Himmelskörpern ist eine der großen Triebfedern der aktuellen Planetenforschung. Leben ist bisher nur auf der Erde bekannt, aber es ist denkbar, dass sich Leben einst auch auf dem Mars, dem äußeren Nachbarplaneten der Erde, entwickelte oder dort vielleicht sogar noch heute existiert. Vor drei bis vier Milliarden Jahren gab es Wasser auf dem Mars, die Atmosphäre war dichter als heute und die Temperaturen höher. Mobile Marsroboter wie der vor zehn Jahren im Krater Gale gelandete Rover Curiosity haben in Sedimentgesteinen nachgewiesen, dass die wichtigsten chemischen Elemente für die Voraussetzungen von Leben vorhanden sind, wie Kohlenstoff, Wasserstoff, Sauerstoff, Stickstoff, Schwefel und Phosphor. Spuren von Leben, sogenannte Biosignaturen, wurden jedoch noch nicht entdeckt. „Die jetzt in BIOMEX exponierten und danach untersuchten Biomoleküle spielen eine Schlüsselrolle für die aktuelle und zukünftige Suche nach Biosignaturen“, erläutert der damalige Leiter des BIOMEX-Experiments Dr. Jean-Pierre Paul de Vera vom Nutzerzentrum für Weltraumexperimente (MUSC) in der DLR-Einrichtung Raumflugbetrieb und Astronautentraining. „Denn um den Nachweis von Lebensspuren überhaupt führen zu können, müssen wir wissen, was die harschen Umweltbedingungen mit potentiellen Organismen und ihren molekularen Bestandteilen auf dem Mars machen, wie stabil sie sind oder wie sie sich gegebenenfalls durch die UV-Strahlung verändern und das dadurch gemessene Signal variiert.“

Vor allem die auf dem Mars viel stärkere UV-Strahlung und eine die Moleküle ionisierende Strahlung, aber auch die oxidierende Umgebung und extreme Temperaturunterschiede zwischen Tag und Nacht setzen fossilen oder existierenden Organismen zu. Das geschieht nicht nur auf dem Boden, sondern auch in Zentimetern bis zu Metern unter der Oberfläche. Für BIOMEX wurden deshalb sieben Molekülsorten für mehrere hundert Proben ausgewählt, beispielsweise Archaeen, einzellige Organismen ohne Zellkern, wie sie auch ganz am Anfang der Entwicklung von Leben auf der Erde standen und deren Existenz vor Milliarden Jahren auch auf dem Mars für möglich gehalten wird. Die für BIOMEX ausgewählten Biomoleküle sind Bestandteil von irdischen Organismen, die unter extremsten Bedingungen – Trockenheit, Kälte, Hitze, UV-Strahlung – zu überleben in der Lage sind, sogenannte extremophile Organismen. […]

Biosignaturen direkt auf der Oberfläche sind für die Raman-Spektroskopie allerdings schwieriger zu identifizieren. Doch dafür gibt es andere, heute noch besser geeignete Methoden. […] Raman-Spektroskopie soll auf der europäischen Mission ExoMars mit dem Rover Rosalind Franklin zum Einsatz kommen. An beiden Missionen sind auch DLR-Wissenschaftler*innen beteiligt. Mit BIOMEX wurde die Möglichkeit des Nachweises von im All ausgesetzten und in Mars-analoger Umgebung befindlichen Biomolekülen durch Raman-Spektroskopie demonstriert. Damit ist auch eine Grundlage für eine konsolidierte, weltraumerprobte Datenbank von spektroskopischen Biosignaturen in extraterrestrischen Umgebungen gelegt. […]

Vollständige Quelle: DLR