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Impfstoffe horten

Verpasste Termine einspeisen

Wenn Corona-Impfstoffe mit einer etwas geringeren Wirksamkeit nicht oder nur zögerlich verimpft werden, kostet das viele Menschenleben. Das geht aus einer amerikanischen Simulationsstudie hervor, die Rückschlüsse für die Situation in Deutschland zulassen dürfte. Hierzulande werden die derzeit vorhandenen Impfstoffe des Herstellers Astra-Zeneca nicht vollständig nachgefragt, was eine Diskussion losgetreten hat, ob diese Impfstoffe der Allgemeinheit zur Verfügung gestellt werden sollten.

In der im „American Journal of Preventive Medicine“ erschienenen Studie vergleicht ein amerikanisches Forscherteam um den Gesundheitsökonom Bruce Y. Lee zwei Szenarien. Im ersten erhalten täglich eine Million Amerikaner Impfstoffe von Biontech/Pfizer oder Moderna mit einer Wirksamkeit von jeweils mehr als 90 Prozent. Es dauert dann mehr als sechs Monate, bis 60 Prozent der Bevölkerung immunisiert werden. Im zweiten Szenario bekommen täglich 1,5 Millionen Menschen den mit knapp 70 Prozent etwas weniger wirksamen Impfstoff von Johnson&Johnson. Schon nach vier Monaten seien dann 60 Prozent der Bevölkerung geimpft.

Trotz der geringeren Wirksamkeit des Impfstoffes gebe es in dem schnelleren Szenario in den Vereinigten Staaten 1,38 Millionen weniger Corona-Fälle, 51.000 weniger Krankenhauspatienten und rund 6.000 Tote weniger. […]

Führende Ökonomen, die darauf spezialisiert sind, wie Güter möglichst schnell und gerecht verteilt werden können, drängen dagegen auf mehr Tempo. Axel Ockenfels, Marktdesigner der Universität Köln (UzK), schlägt vor, dass die am Ende eines Impftages übriggebliebenen Impfstoffe an Krankenhäuser, Arztpraxen und Feuerwehren verteilt werden.

Sobald diese ausgestattet sind, solle der Rest allen Impfwilligen zugänglich gemacht werden. Für eine gerechte Verteilung, in der Kontostand der Interessenten und Privilegien keine Rolle spielen, schlägt Ockenfels eine einfache Methode vor: elektronische Warteschlangen, in der sich Menschen virtuell einreihen und bei Bedarf schnell abgerufen werden können. „Solche Warteschlangen führen zu einer schnellen, effektiven Verimpfung“, sagt Ockenfels.

Damit es nicht zu einem ungeregelten Massenansturm samt Ansteckungsgefahren kommt, sollten Echtzeitinformationen und Schätzungen über die Anzahl der noch möglichen Impfungen veröffentlicht und die Länge der Warteschlangen entsprechend beschränkt werden. Ockenfels hält es außerdem für nötig, dass Registrierung und Terminierung der geplanten Impfung optimiert wird. „Es werden ja zahlreiche Termine zurückgegeben, doch gibt es meines Wissens kein effektives Verfahren, diese Termine wieder in das System einzuspeisen, Termine zu ändern oder Termine innerhalb der Prioritätsgruppen zu tauschen“, kritisiert er. […]

Vollständige Quelle: F.A.Z.