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© Wickenden

Hinter den Kulissen: Prof. Wickenden

Forschende aus Köln stellen sich vor

Kurzinterview mit Prof. Christopher Wickenden von der Hochschule Fresenius Köln

Sie haben an der Hochschule Fresenius das „skip – Institut für angewandte digitale Visualisierung“ gegründet. Wofür steht das Institut und was sind die Kernaufgaben?
Das skip Institut habe ich gegründet um eine Plattform zu schaffen damit es neben der curricularen Lehre auch Raum für unabhängige und realitätsnahe Projekte gibt. Hier sollen vor allem Studierende interdisziplinär mit Experten aus der Lehre und Wirtschaft praxisnah Forschung und Entwicklung betreiben. Das bekannte Kölner Dom 3D-Scan-Projekt gilt als beispielhaft und ermöglichte dem skip Institut 2015/16 einen exzellenten Start. Unser Fokus liegt in der digitalen Visualisierung mit neuen Technologien, wie Virtual/Augmented Reality, Laserscanning und 3D-Design. Wir sind daran interessiert besondere wissenschaftliche Fragen und Herausforderungen zu beantworten oder Prototypen für eine geeignete Ausrichtung zu entwickeln.

An welchem Forschungsprojekt arbeiten Sie aktuell?
Zurzeit arbeiten wir an drei außerordentlichen Forschungsthemen, für die wir jeweils Prototypen entwickelt haben und begleitend Studien durchführen.
Seit 2017 erforschen wir mit Förderung des Landes NRW, das Potenzial von Virtual Reality (VR) als geeignetes Sprach- und Kulturlerntool für Geflüchtete. In Zusammenarbeit mit 13 Städten in NRW konnten wir signifikant feststellen das Geflüchtete es als sehr geeignet sehen, Deutschland, sein System, seine Kultur und Sprache mit Unterstützung von VR zu kennenzulernen. Aktuell haben wir eine App als mobile 360° Version für eine weitere Testphase erstellt. Für die Ergebnisse dieses umfassenden Projekts wurden wir bereits 2 x ausgezeichnet.

Das aktuell zweite nennenswerte Projekt ist die Zusammenarbeit mit der Stadt Köln, das Diversity Projekt. Für das Amt für Personal- und Verwaltungsmanagement und dem Amt für Integration und Vielfalt werden mit Hilfe der VR-Technik neue Methoden erprobt, Unconscious Bias (unbewusste Voreingenommenheit) in virtuellen Welten kennenzulernen. Nach der prototypischen und umfragegebundenen Entwicklungsphase können – mit VR, Mitarbeiter der Ämter in Führungspositionen, sich in Workshops mit ihren unbewussten Vorurteilen auseinandersetzen und sich neuen Fragen stellen.

Außerdem arbeiten wir mit dem Bund Volksbanken-Raiffeisenbanken an der Frage ob neue Technologien wie z.B. Virtual Reality, ein geeignetes Instrument für deren individuellen Zwecke (die ich an diese Stelle nicht nennen darf) darstellt. Der Prototyp hierfür ist entwickelt. Coronabedingt werden wir die Anwendungsumfragen und Evaluierungen erst im kommenden Jahr durchführen.

Welche Vorteile ergeben sich aus der Institutsgründung – für die Hochschule, die Studierenden und für Sie persönlich?
Wie ich bereits bei der ersten Frage erläutert habe, ist skip genau aus den Gründen gegründet worden um Vorteile wie unabhängige Projekte und Forschungsfreiraum für Studierende und Dozenten zu bieten. Mittlerweile haben über 100 Studierende diese Möglichkeit am skip Institut genutzt. Inzwischen haben sich seit Gründung 17 Kollegen aus dem Professoren- und Dozentenkreis an dem Institut angeschlossen. Als offizielles An-Institut der Hochschule, profitieren beide Seiten von der Entwicklung und der Präsenz des Instituts am Campus in Köln. Wir verfügen über State-of-the-Art Technologien und haben Räumlichkeiten wie Labor und Projektpools auf die alle an der Hochschule entsprechend zugreifen können. Mit der Hochschule als „Backbone“ und unsere Expertise in den Visualisierungstechnologien ergeben sich auch fachbereichsübergreifende Schnittstellen, aus denen wir dann eine exzellente Interdisziplinarität der fachlichen Kompetenzen und Orientierung für Studierende und Mitarbeiter bieten.

Für mich persönlich ist es einfach eine Freude zu sehen wie gut sich das Institut entwickelt hat. Auch ich lerne von Projekt zu Projekt mit den Studierenden und den Kollegen dazu und bin dankbar für die frischen Ideen, Anregungen und Erkenntnisse die sich aus der Zusammenarbeit ergeben. Es ist so, lernen ist unvermeidbar.

Inwieweit hat die digitale Visualisierung auch Einzug in Ihr Privatleben gefunden?
Es gibt Momente da bin ich von der Digitalisierung überfordert und habe es Satt. Dann ziehe ich mich zu meinem Oldtimer zurück und genieße die grobe Mechanik und welche Ruhe sie vermittelt. Wenn ich Digitalisierung erlebe, wo ich spüre oder weiß das Produkte, Angebote oder Dienste aus einer gewissen Ignoranz entstehen, die nur dem Zweck der Vermarktung oder eines Geschäftsmodells dienen, dann kann es mich frustrieren. Leider wickelt Digitalisierung uns sehr listig, unsichtbar und unauffällig ein. Dann sind wir stetig aufgefordert uns zu „entwickeln“. Wir verlieren das Gespür wie wir den Wert der Digitalisierung definieren und nehmen vieles einfach ungeachtet hin. Da schließe ich mich nicht aus. Ich versuche auf die Werte die uns Digitalisierung gibt, zu achten. Das ist z.B. die Präzision, mit der zielgerecht individuelle Bedürfnisse oder Lösungen erreicht werden. Oder die Geschwindigkeit der Übertragung mit der Sicherheit und Hilfe garantiert werden kann. Ja, Digitalisierung hat in vielen Bereichen meines privaten Alltags Einzug erhalten, ob der Empfang der Radio Breakfast Shows der BBC, die Steuerung der Hausheizung per App von Unterwegs, oder die zunehmende Mobilität durch Navigation und 24/7 Erreichbarkeit. Ich genieße aber besonders die Macht darüber zu entscheiden, wann ich sie, die Digitalisierung, nutzen möchte – es gibt ja zum Glück an allem die Ein-Ausschalttaste.

ZUR PERSON
Prof. Christopher Wickenden ist in Stamford geboren und in Cambridgeshire aufgewachsen. Für sein Studium im Bereich Visuelle Kommunikation an der FH Düsseldorf zog er nach Deutschland. Nach dem Studium war er 17 Jahre lang als Art Director in Köln, Düsseldorf, Kapstadt und Thailand tätig sowie als freier Künstler, Designer und Dozent aktiv. Seit 2007 ist er Dozent an der Hochschule Fresenius, zunächst frei, dann in Festanstellung. Dort entwickelte er 2013 den BA-Studiengangs 3D-Design & Management im Fachbereich Wirtschaft & Medien und wurde 2016 zum Professor für Kommunikationsdesign berufen. Zeitgleich gründete er das skip – Institut für angewandte digitale Visualisierung e.V. an der Hochschule Fresenius in Köln. Studiendekan des neuen Master Studiengangs Digital Psychology (M.Sc.) ist er seit 2019.