KWR, Kölner Wissenschaftsrunde

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Flutkatastrophe

Ausbau der kritischen Infrastrukturen

Es wird lange dauern, bis die Schäden in den betroffenen Flutgebieten in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz wieder behoben sind. Warum gerade in ländlichen Regionen jetzt verstärkt ein Ausbau der kritischen Infrastrukturen und des Bevölkerungsschutzes notwendig ist und wie auf allen Ebenen Vorsorgemaßnahmen getroffen werden können, erklärt Prof. Dr. Alexander Fekete.

Nach der Flutkatastrophe wurde direkt die Frage laut: „Wer trägt die Schuld?“. Auch Ihnen wurde diese Frage von den Medien gestellt. Wie ordnen Sie als Experte diese affekthafte Schuldsuche ein?
Das ist ein normales Muster, eine natürliche Reaktion, die sich bei Katastrophen abspielt. Menschen reagieren auf solche Situationen mit Unverständnis und denken, dass jemand Schuld oder „versagt“ hat – das passiert nicht nur in Deutschland, sondern weltweit. Auch bei den Katastrophen wie dem Elbe-Hochwasser 2006 oder 2013 begegneten uns Menschen immer wieder mit Argwohn. Als Fachexpert*innen können wir solche Katastrophen leichter einordnen, da wir uns jahrelang mit diesen Thematiken beschäftigen. Daher müssen wir besonders sensibel gegenüber Laien sein. Hinzu kommt aber, dass in Deutschland die Schuldfrage gesellschaftlich noch einmal stärker verankert ist. Wir sind eine Gesellschaft, die sich schnell aufregt. Es gibt auch das sogenannte Vulnerabilitätsparadoxon: Je höher eine Gesellschaft entwickelt ist, um so hilfloser fühlen sich die Menschen, wenn etwas nicht mehr zur Verfügung steht. Wenn etwas nicht funktioniert, klagen wir und zeigen mit dem Finger auf andere. Diese Einstellung ist in solchen Situationen wie der Flutkatastrophe aber vollkommen unangebracht. […]

In Hochwasserregionen wie an den großen Flüssen haben die Leute mit Überschwemmungen Erfahrungen. Mit Starkregen kennen wir uns aber noch nicht aus. Wie können wir uns zukünftig darauf vorbereiten?
Flusshochwasser ist an großen Flüssen wie dem Rhein relativ gut vorherzusagen, während ein Starkregen ähnlich wie ein Tornado oder Hagel sehr zufällig und punktueller zuschlagen kann. Es gibt bereits vereinzelte Handlungsempfehlungen für Starkregen vom Bund und auch von einzelnen Bundesländern, die auch bauliche Vorsorgemaßnahmen für Eigenheimbesitzer beinhalten. Aber es braucht Zeit, bis diese Regeln im Bewusstsein der Einzelnen ankommen. Es ist wichtig, dieses Bewusstsein zu schaffen, denn es gehört zur sogenannten risikoinformierten Gesellschaft. Das heutige Risikomanagement ist aber auch vom Aspekt der Resilienz geprägt: Wir müssen akzeptieren, dass wir nicht mehr alles zu 100 Prozent sicher gestalten können.

Wenn wir uns nicht mehr sicher sein können, wie sollten wir zukünftig mit den unkalkulierbaren Wetterereignissen wie Starkregen umgehen?
Wir können zwar nicht vorhersagen, wann und wo genau Starkregen niedergehen wird. Aber wir können erkennen, an welchen Orten die topografischen Bedingungen ungünstig sind, zum Beispiel in engen Tälern oder Senken. Einige größere Städte stellen bereits seit Jahren Starkregengefahrenkarten online, unter anderem Köln. Aber viele gerade ländliche Kommunen, die dafür weder über die nötigen Finanzmittel noch die Ressourcen verfügen, müssen unterstützt werden, um hochpräzise Daten zu entwickeln. Aber: Diese Daten bringen nichts, wenn die Menschen sie nicht nutzen oder nicht wissen, was sie damit anfangen sollen. […]

Müssten neben der kommunalen Verwaltung auch Einsatzbereiche wie Feuerwehr und THW stärker gefördert werden?
Kommunen, die knapp bei Kasse sind, benötigen spezielle Fördermechanismen. Die gab und gibt es zum Beispiel bei der Klimawandelanpassung. Das hat einigen Kommunen ermöglicht, Personal einzustellen und sich überhaupt an solchen Forschungsvorhaben zu beteiligen. Aber im Alltag haben die Kommunen oft andere Probleme. Die Feuerwehren und Rettungsdienste sind zwar gut finanziert, laufen bei den Kommunen aber immer als eine Art Sonderposten. Das heißt, jede zusätzliche Forschungsstelle ist für die Kommunen kaum finanzierbar. Große Städte wie Köln, Berlin, München oder auch Dortmund können sich solche personellen Ressourcen mittlerweile leisten. Allerdings sind diese Personalkosten auf die Dauer schwer aufrechtzuerhalten. Ich würde mir sehr wünschen, dass auch für kleinere Kommunen ähnliche Programme aufgelegt werden, damit sie robustere Vorhersagemodelle entwickeln und konkrete Lösungsvorschläge erarbeiten können. […]

Das vollständige Interview lesen Sie im unteren Link.

Vollständige Quelle: TH Köln