Schwarzes Loch_Adobe

Bild: Adobe, Youttakone (Generiert mit KI)

Fachwelt ist überrascht

Gigantische Plasmastrahlen eines schwarzen Lochs

Astrophysiker haben die größten Plasmastrahlen eines schwarzen Lochs entdeckt, die jemals im Weltraum gesehen wurden.

Schwarze Löcher sind dafür bekannt, dass sie Materie in ihrer unmittelbaren Umgebung verschlucken. Sie können aber auch große Mengen an Energie ausspucken, in Form von Strahlung oder Plasmastrahlen, den sogenannten „Jets“.

Das internationale Forschungsteam mit Beteiligung von Dr. Gabriela Calistro Rivera vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) hat nun ein Jetpaar mit einer Gesamtlänge von 23 Millionen Lichtjahren entdeckt. Das entspricht der Größe von 140 Milchstraßen-Galaxien in einer Reihe. Die Plasmastrahlen schießen oberhalb und unterhalb eines supermassiven Schwarzen Lochs heraus, mit einer Leistung von mehreren Billionen Sonnen.

Die Forschungsarbeit wurde am 18. September 2024 in der Fachzeitschrift „Nature“ veröffentlicht, unter der Leitung des California Institute of Technology (Caltech).

Die Jets mit dem Spitznamen „Porphyrion“ – benannt nach einem Riesen aus der griechischen Mythologie – entspringen einem Schwarzen Loch, das sich im Herzen einer weit entfernten Galaxie befindet. Zwar war es bekannt, dass Jets über die Grenzen ihrer Galaxie herausragen können. Überraschend war für die Fachwelt nun jedoch, dass Porphyrion bis in die Leerräume des Universums reicht.

Zur Einordnung: Sterne sind in Galaxien zusammengefasst, Galaxien wiederum in Galaxiengruppen und Galaxienhaufen, zwischen denen sich große Leerräume befinden. Die Galaxien sind dabei wie durch ein kosmisches Spinnennetz verbunden.

Einfluss auf die Entstehung von Galaxien

„Energiereiche Strahlung und Jets von Schwarzen Löchern können das Wachstum und die Entwicklung ihrer Galaxien drastisch beeinflussen. Porphyrion zeigt, dass diese Auswirkungen ungeahnte Ausmaße annehmen und die Struktur unseres Universums beeinflussen können“,

sagt Calistro Rivera.

Die neueste Entdeckung deutet darauf hin, dass die riesigen Jets im jungen Universum einen größeren Einfluss auf die Entstehung von Galaxien gehabt haben könnten als bisher angenommen. Die beiden Jets sind 7,5 Milliarden Lichtjahre von der Erde entfernt und stammen damit aus einer Zeit als das Universum halb so alt war wie heute.

Porphyrion existierte damit bereits in einer frühen Epoche, als das Universum noch weniger ausgedehnt war und die dünnen Fäden des kosmischen Netzes enger zusammen lagen. Die Megaströme erstreckten sich damit über entsprechend größere Teile des Universums mit ihrem Einfluss.

Entdeckt wurde das Jetpaar mit Hilfe des LOFAR (LOw Frequency ARray) Radioteleskops in Europa. Das Team nutzte auch das Giant Metrewave Radio Telescope (GMRT) in Indien, zusammen mit zusätzlichen Daten aus dem Projekt DESI (Dark Energy Spectroscopic Instrument) sowie das W. M. Keck Observatory in Hawai’i.

Dies half den Forschenden, die richtige Wirtsgalaxie des supermassiven Schwarzen Lochs zu bestimmen, das die Jets erzeugte. Außerdem kombinierte DLR-Wissenschaftlerin Calistro Rivera diese Beobachtungsdaten und erstellte ein Modell, das die physikalischen Eigenschaften von Galaxien und Schwarzen Löchern bestimmen kann.

Dank des physikalischen Modells erfuhren sie auch wie alt, wie hell und wie massiv die Galaxie ist, also wie viele Sterne sie vereint. Für das Schwarze Loch zeigte sich, dass es supermassiv und sehr aktiv ist.

Neue Erkenntnisse zu Schwarzen Löchern

Wenn supermassereiche Schwarze Löcher aktiv werden, zerrt und heizt ihre immense Schwerkraft an der umgebenden Materie. Dabei werden große Mengen an Energie freigesetzt, entweder in Form von Jets (Radiomodus) oder Strahlung im sichtbaren oder ultravioletten Bereich (Strahlungsmodus).

Schwarze Löcher im Strahlungsmodus waren im jungen oder fernen Universum häufiger anzutreffen, während Schwarze Löcher mit Jets im heutigen Universum häufiger vorkommen.

„Indem wir die Beobachtungsdaten aus den verschiedenen Bereichen des elektromagnetischen Spektrum mit theoretischen Modellen verglichen haben, konnten wir mehr über die Physik in dem Schwarzen Loch und seiner Galaxie erfahren. Hier konnten wir lernen, dass die riesigen Jets in Porphyrion aus einem aktiven Schwarzen Loch im Strahlungsmodus stammen“,

erklärt Calistro Rivera.

Die Tatsache, dass Porphyrion von einem Schwarzen Loch im Strahlungsmodus stammt, ist eine Überraschung. Denn bisher war nicht bekannt, dass dieser Modus so große und starke Jets erzeugen kann.

Da Porphyrion in einem fernen Universum liegt, in dem Schwarze Löcher im Strahlungsmodus zahlreich vorhanden sind, deutet die Entdeckung außerdem darauf hin, dass es noch viele weitere gigantische Jets geben könnte.

„Wir sehen vielleicht nur die Spitze des Eisbergs“,

sagt Hauptautor der Nature-Studie Dr. Martijn Oei vom Caltech.

„Unsere LOFAR-Untersuchung deckte nur 15 Prozent des Himmels ab. Und die meisten dieser gigantischen Jets sind wahrscheinlich schwer zu entdecken, daher glauben wir, dass es noch viel mehr dieser Giganten da draußen gibt.“

In einem nächsten Schritt möchte das Team besser verstehen, wie diese Megastrukturen ihre Umgebung beeinflussen, wenn sie kosmische Strahlung, Hitze, schwere Atome und Magnetfelder im Raum zwischen den Galaxien verbreiten.

Über die Studie

Die Nature-Studie „Black hole jets on the scale of the cosmic web” wurde vom Dutch Research Council, dem European Research Council, dem UK Science and Technology Facilities Council, dem UK Research and Innovation Future Leaders Fellowship und der Europäischen Union finanziert.

Hauptautor ist Martijn Oei von der Universität Leiden und dem California Institute of Technology (Caltech), weitere Autoren sind Martin Hardcastle von der University of Hertfordshire, Roland Timmerman von der Durham University; Aivin R.D.J.G.I.B. Gast von der Universität Oxford; Andrea Botteon und Francesco de Gasperin vom Institut für Radioastronomie des Nationalen Instituts für Astrophysik in Italien; Antonio Rodriguez und S. G. Djorgovski vom Caltech; Daniel Stern vom Jet Propulsion Laboratory, das vom Caltech für die NASA geleitet wird; Gabriela Calistro Rivera vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) sowie Reinout J. van Weeren, Huub J.A. Röttgering und Huib T. Intema von der Universität Leiden.

Weitere Meldungen der DLR erhalten Sie unter: https://www.dlr.de.