
DNA Strang
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Entdeckung zeigt regulatorische DNA:
Bislang ungenutzte Goldgrube für Pflanzenzüchtung und Klimaanpassungsfähigkeit
Natürliche genetische Variation treibt Biodiversität und Evolution an – aber die Züchtung klimaangepasster Kulturpflanzen kann nicht auf evolutionäre Zeiträume warten, die Jahrtausende benötigen. Um die globale Ernährungssicherheit zu gewährleisten, müssen Forscher jetzt dringend DNA‑Varianten identifizieren, die unter Stressbedingungen die Leistungsfähigkeit von Kulturpflanzen verbessern.
In einer kürzlich im Nature Genetics erschienenen Publikation stellt ein internationales Team unter Leitung von Dr. Thomas Hartwig und Dr. Julia Engelhorn (Max‑Planck‑Institut für Pflanzenzüchtungsforschung, Köln; Heinrich‑Heine‑Universität Düsseldorf) eine skalierbare Methode zur Kartierung genomischer regulatorischer Regionen vor – häufig als „Schalter“ bezeichnet, da sie das Timing und Ausmaß der Genexpression steuern.
Während sich bisher die Forschung überwiegend auf Gene selbst konzentrierte, zeigt diese Studie, dass viele entscheidende Merkmalsunterschiede auf Variation in diesen regulatorischen Schaltern zurückzuführen sind – Regionen, die traditionell schwer großflächig untersucht werden konnten.
Bei der Analyse von 25 unterschiedlichen Mais-Hybriden identifizierten die Forschenden über 200.000 genomische Regionen, in denen natürliche Variation regulatorische Schalter beeinflusst.
Diese Variationen wirken sich nachweislich auf zentrale agronomische Merkmale wie Wuchshöhe, Blattmorphologie sowie Toleranz gegenüber Trockenheit und Krankheit aus.
Erstaunlich: Obwohl diese regulatorischen Schalter weniger als 1 % des Genoms ausmachen, erklärt Variation an diesen Stellen häufig einen erheblichen Anteil der erblichen Merkmalsunterschiede – und in manchen Fällen sogar mehr als die Hälfte.
Diese Erkenntnis eröffnet Züchtern einen mächtigen neuen Hebel: die gezielte Veränderung regulatorischer Schalter zur Beschleunigung der Entwicklung klimaresilienter Sorten.
Dr. Hartwig kommentiert:
“Das Verständnis, wie diese regulatorischen Schalter wirken, liefert uns kraftvolle Werkzeuge zur Verbesserung sowohl der Anpassungsfähigkeit als auch der Ertragsleistung von Kulturpflanzen – und bildet die Basis für intelligentere Sorten der Zukunft.”
Die Forschenden wendeten ihre Methode gezielt auf Trockenstress an und identifizierten über 3.500 einzelne regulatorische Schalter sowie die dazugehörigen Gene, die auf wasserminimierte Bedingungen reagieren. Die Präzision dieser Kartierung ermöglicht es, diese Schalter gezielt zu modifizieren und Pflanzen mit verbesserter Trockenresilienz zu entwickeln.
Dr. Engelhorn fügt hinzu:
“Unser hybridenbasierter Assay erlaubt den direkten Vergleich maternaler und paternaler regulatorischer Allele innerhalb eines einzigen Experiments. Wir stellen der Mais-Forschungsgemeinschaft nun einen Katalog von über 3.500 trockenheitsassoziierten Regulatorstellen zur Verfügung – und eröffnen neue Möglichkeiten, die Genexpression gezielt für erhöhte Robustheit zu optimieren.”
Co-Autorin Samantha Snodgrass (University of California, Davis) betont den Perspektivwechsel:
“Trotz jahrzehntelanger bahnbrechender Forschung zur Genomevolution bleibt ein großer Teil des nicht-kodierenden Genoms eine Blackbox. Diese spannende neue Methode zieht den Vorhang zurück – und bietet Züchtern und Biolog*innen präzise Ziele in zuvor übersehenen Bereichen.”
Die Studie wurde von einer Vielzahl großer Fördergeber unterstützt, darunter der Exzellenzcluster CEPLAS an der HHU – mit dem Schwerpunkt auf ‚SMARTe Pflanzen in dynamischen Umwelten – sowie das europäische Horizon Europe‑Projekt BOOSTER, das auf die Entwicklung klimaresilienter Getreidepflanzen abzielt.
Zusätzlich gefördert wurde die Arbeit von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG), der Alexander von Humboldt‑Stiftung, der U.S. National Science Foundation, den U.S. Departments of Agriculture und Energy, dem 7. Rahmenprogramm der Europäischen Kommission sowie der Helmholtz‑Gemeinschaft.
Weitere Meldungen des Max-Planck-Institutes für Pflanzenzüchtungsforschung unter diesem Link.