Chancengerechtigkeit und COVID-19
Abnahme von prosozialem Verhalten
Erkrankt ein Familienmitglied an dem Corona-Virus, wirkt sich das besonders auf Jugendliche aus ökonomisch schwächeren und weniger gebildeten Schichten negativ aus. Die Heranwachsenden fallen nicht nur in der Schule zurück, auch ihre nicht-kognitiven Fähigkeiten leiden. Sie sind weniger prosozial als zuvor. Das bedeutet: Sie verhalten sich weniger großzügig, altruistisch und kooperativ. Zudem sinkt ihre Bereitschaft, anderen zu vertrauen. Neben nachlassenden schulischen Leistungen kann auch diese Entwicklung für sie langfristig Nachteile mit sich bringen. […]
Ursprünglich war es das Ziel der Wissenschaftler*innen im Team von Prof. Dr. Matthias Sutter von der Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Fakultät (Uni Köln) herauszufinden, inwiefern sich das prosoziale Verhalten von Jugendlichen je nach sozioökonomischen Status unterscheidet. […] Schon damals zeigte sich anhand von vier Experimenten eine Lücke zwischen Heranwachsenden aus sozioökonomisch besser und schlechter gestellten Familien. Schüler*innen aus weniger wohlhabenden Familien mit einer geringeren Bildung verhielten sich weniger prosozial.
In einer zweiten Runde im Frühjahr 2020 nahmen mit 363 Jugendlichen aufgrund des damals vorherrschenden Lockdowns deutlich weniger der Befragten erneut an den gleichen vier Experimenten teil. Die Forschenden stellten fest: Eine Infektion innerhalb der eigenen Familie hat die Schere zwischen den verschiedenen Bevölkerungsschichten mehr als verdoppelt. Während sich das Verhalten von Jugendlichen mit einem hohen Sozialstatus in diesem Fall kaum veränderte, verhielten sich diejenigen mit einem niedrigen Sozialstatus deutlich weniger prosozial.
Mehrere Studien haben bereits in der Vergangenheit bewiesen, wie die Pandemie Menschen aus ökonomisch schwächeren und bildungsferneren Schichten in den Bereichen Gesundheit, Arbeitsmarkt und Bildung härter trifft. […] Denn Wirtschaftswissenschaftler*innen sind sich einig, dass nicht-kognitive Fähigkeiten wie Prosozialität deutlich zum Erfolg im späteren Berufsleben beitragen. „Diese Entwicklung könnte sich langfristig negativ auf die Arbeitsmarktchancen der Betroffenen auswirken“, sagt Sutter. […]
Vollständige Quelle: Universität zu Köln