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© pixabay | Mohamed Hassan

Mehr Telkos und Konflikte

Online-Umfrage: Konflikte während der Corona-Krise – Teil 2

Nach den ersten Covid-Lockerungen Anfang Mai hat das RIK – Institut für Konfliktforschung und präventive Beratung der Rheinischen Fachhochschule Köln (RFH) eine zweite Umfrage bei Führungskräften zu „Konflikten während der Corona-Krise“ fortgesetzt. Über 1800 Führungskräfte nahmen teil. Gestiegene Solidarität, eine offenere Kommunikation, aber auch mehr Abstimmung und Anspannung zwischen Führungskräften kennzeichnen das aktuelle Stimmungsbild.

Der erste Teil der Umfrage war darauf fokussiert, ein Stimmungsbild während des Lockdowns zu erheben. Die zweite Umfrage hat das Ziel, ein erweitertes Stimmungsbild zu den Herausforderungen und Entwicklung bzw. den Veränderungen in der Phase der Lockerungen zu erhalten.

Kommunikation mit Mitarbeitenden: offener, häufiger und persönlicher

Nach den ersten Lockerungen zeichnet sich durch Corona folgendes Stimmungsbild der Führungskraft zu den Mitarbeitenden ab:

· gestiegene Solidarität (64 Prozent[1])
· höhere Erwartung an die Führungskraft (78 Prozent)
· gestiegene Anforderungen an die Führungskraft (90 Prozent)
· gestiegener Stress der Führungskraft (77 Prozent)
· höheres Kommunikationsbedürfnis der Mitarbeitenden (71 Prozent)
· verändertes Kommunikationsverhalten der Führungskräfte (74 Prozent)

Nicht nur Corona und die Umsetzung der geforderten Hygiene- und Sicherheitsanforderungen stehen im Mittelpunkt der verstärkt persönlich geführten Gespräche zwischen Führungskraft und Mitarbeitenden. Es geht vielmehr auch um ihre persönlichen Herausforderungen, Ängste und Sorgen wie Arbeitsplatzverlust, Kurzarbeit, wirtschaftliche Existenz, Familie. Je nach persönlichem Einschnitt wird die Stimmung untereinander deshalb als verschlechtert beurteilt. Führungskräfte sehen sich hier in der Fürsorge für ihre Mitarbeitenden durch Zuspruch, Motivation, Beruhigung und Empathie.

„Die erhebliche Reduzierung von Außen- und Reiseterminen führt zu einem Zeitgewinn, der eine intensivere Kommunikation mit den Mitarbeitenden ermöglicht. Die Präsenzkommunikation und der informelle Austausch fehlt jedoch vielen“, erläutert Dr. Bettina Janssen, die das RIK-Projekt im Team mit Prof. Volker von Coubière und Prof. Dr. Remo Laschet initiiert. Insbesondere seien jetzt klare Regeln, detaillierte Anforderungen und häufigere Abstimmungsintervalle wie auch Hilfestellung und Überprüfung der Aufgaben und Ziele notwendig. Neben den häufig eingesetzten Videokonferenzen und Telefonaten würde inzwischen viel verschriftlicht. E-Mail-Kommunikation habe sich noch einmal deutlich erhöht.

Zwischen Führungskräften: Mehr Abstimmung, mehr Anspannung

Für das Stimmungsbild zwischen den Führungskräften zeichnen sich folgende Tendenzen ab:

· gestiegene Solidarität (53 Prozent) ./. keine Veränderung (47 Prozent)
· höhere Erwartung an die Führungskraft (70 Prozent)
· höheres Kommunikationsbedürfnis (70 Prozent)
· verändertes Kommunikationsverhalten (57 Prozent)

Im Mittelpunkt der Kommunikation zwischen Führungskräften steht nach eigenen Angaben der laterale Austausch und die zeitnahe Abstimmung eines gemeinsamen Vorgehens. Hierzu gehören Themen wie notwendige Hygiene-Maßnahmen und Abstandsregelungen, eine flexible Organisation und die wirtschaftlichen Auswirkungen (Kurzzeit, Insolvenz, Zukunft).

„Es wird deutlich formuliert, dass Konflikte und ein härterer Ton im Führungskreis aufgrund der angespannten Situationen und einer nervösen Stimmung zunehmen“, sagt Bettina Janssen. Unterschiedliche Standpunkte zur Corona-Krise und den damit verbundenen Maßnahmen sowie eine nicht ausreichende gereizte Kommunikation scheinen Reibungspunkte und Missverständnisse zu erzeugen. Konkurrenzverhalten und „Kompetenzgerangel“ seien die Folge mit der Konsequenz, sich nur auf die eigene Abteilung zu konzentrieren. Jeder macht dann „sein Ding“, so das Forschungsteam.

Der überwiegende Teil der Führungskräfte hält das vor Corona praktizierte Krisen- und Konfliktmanagement in ihrem Unternehmen dabei durchaus für hilfreich (72 Prozent). Die meisten von ihnen (73 Prozent) nehmen keine weitere externe Unterstützung zum Beispiel durch eine*n Mediator*in, Coach oder Supervisor*in in Anspruch, um schwierige Situationen zu klären. Sie geben an, gut alleine zurecht zu kommen.

Ein Großteil gibt an, weiter dezentral zu führen (61 Prozent) und sich dabei überwiegend sicher zu fühlen (80 Prozent). Für 30 Prozent ist dabei noch unklar, ob die durch die Corona-Krise bedingten Veränderungen (mehr Homeoffice / weniger Dienstreisen) auch nach der Krise bestehen bleiben, 31 Prozent halten dies für unwahrscheinlich.

Teilnehmer*innen der Umfrage

Die zweite RIK-Umfrage an Führungskräfte fand statt in der Zeit vom 12. bis 25. Mai 2020. Es nahmen 1850 Personen teil (Teil 1:185), davon sind über 80 Prozent Männer. Sie arbeiten nach eigenen Angaben überwiegend in einem großen Unternehmen mit über 250 Mitarbeitenden (42 Prozent), im nicht-systemrelevanten Bereichen (57 Prozent) und unter hierarchischen Organisationsstrukturen (77 Prozent), als Geschäftsführung/im Vorstand 30 Prozent; Bereichs-/Abteilungsleiter*innen 31 Prozent; Team-/ Gruppen-/ Projektleiter*innen 24 Prozent; selbständig/freiberuflich 15 Prozent.

Die Auswertungen der Umfrage zu Teil 1 und 2 werden auf Anfrage zur Verfügung gestellt.

Vollständige Quelle: RFH