KWR, Kölner Wissenschaftsrunde, Meldungen aus Köln, Wissenschaft

060720_pixabay_Mimzy

© pixabay | Mimzy

Innovation in produzierenden Unternehmen

Werksübergreifende Mobilität fördert Mitarbeiterideen

Produktionsmitarbeiter wie beispielsweise Maschinenbediener, Anlagenführer oder Fertigungsmechaniker spielen eine Schlüsselrolle bei der Innovation von produzierenden Unternehmen. Bei diesen Mitarbeiterinnovationen handelt es sich oft um die Umsetzung einfacher Produkt- und Prozessverbesserungen, die in der Summe jedoch entscheidend zum Unternehmenserfolg beitragen können. Dass die Entsendung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern produzierender Unternehmen in andere Werke die Qualität von Mitarbeiterideen kurzfristig (also innerhalb von ein bis drei Monaten nach einer Entsendung) sowie auch langfristig (bis zu drei Jahre nach einer Entsendung) verbessert, zeigt jetzt eine neue Studie. Die Veröffentlichung des Kölner Wirtschaftswissenschaftlers Fabian Sting sowie Philipp Cornelius von der Erasmus University Rotterdam und Bilal Gokpinar vom University College London ist als Preprint veröffentlicht und vom Fachmagazin „Management Science“ zur Veröffentlichung angenommen.

Anhand der umfangreichen Datenbank von mehr 20.000 Mitarbeiterideen eines großen europäischen Automobilzulieferers zeigt das Team aus Wissenschaftlern, dass werksübergreifende Mitarbeiterentsendungen die Qualität innovativer Ideen von Produktionsmitarbeitern kurzfristig aufgrund des Transfers von Produktionswissen steigern und auch langfristiges Lernen fördern. Der langfristige Lerneffekt wird durch ein tieferes Prozessverständnis erzeugt, welches die Mitarbeiter durch die erweiterten Perspektiven auf die Produktionsprozesse gewinnen. Beide Effekte werden durch Entsendungen an Ziel-Werke verstärkt, die dem entsendenden Ursprungs-Werk funktional stark ähneln, etwa an solche Werke, die ähnliche Produkte mit ähnlichen Prozessen und Maschinen herstellen. Eine Implikation aus den Ergebnissen der Studie ist, dass zum Zweck der mitarbeitergetriebenen Fertigungsinnovation Entsendungen zwischen Tochterwerken mit hoher Ähnlichkeit effektiver sein können als Zuweisungen zu und von zentralen Leitwerken. Die ist laut den Wissenschaftlern bemerkenswert, da Entscheider intuitiv eher Mitarbeiter von technologisch fortgeschrittenen „Leitwerken“ zu nachgelagerten „Tochterwerken“ versenden würden, damit sie ihr Wissen aus der Zentrale ans Tochterunternehmen weitergeben können. Fabian Sting erklärt: „Beim Lernen profitieren wir von Variationen und Perspektivenwechseln, aber zu viel Variation kann wiederum hinderlich sein. Wenn die Fabriken zu unterschiedlich sind, zum Beispiel in ihren Produktionsmethoden, lernt man weniger über den zu Grunde liegenden Produktionsprozess dazu.“

Mitarbeitermobilität, zum Beispiel im Bereich des Managementnachwuchses, ist in vielen Unternehmensbereichen weit verbreitet. Bisherige Forschungen haben dem Phänomen bei Produktionsmitarbeitern jedoch nur begrenzte Aufmerksamkeit geschenkt. Die neue Studie liefert nun detaillierte empirische Belege für Fertigungsinnovationen durch die Entsendung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und geht über die bisherige Forschung hinaus, indem sie zeigt, wie sich temporärer Mitarbeiteraustausch zwischen den Werken auf die Qualität der Verbesserungsideen von Mitarbeitern auswirken. Sting ordnet die Ergebnisse ein: „Unsere Studie konnte zeigen, dass Mobilität die Kreativität von Produktionsmitarbeitern steigern kann. Für Unternehmen ist es sehr wichtig, das zu verstehen, um das volle kreative Potenzial aller Mitarbeiter zu nutzen, denn gute Ideen kommen nicht nur aus den Forschungs- und Entwicklungsabteilungen.“

Vollständige Quelle: Uni Köln