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Gerichtsurteile

Strafzumessungen sollen mittels Computern verglichen werden

Das Legal Tech Lab Cologne (LTLC) ist eine neu gegründete Hochschulgruppe aus Studierenden und Promovierenden der Rechtswissenschaft, der Informationswissenschaft und der Philosophie der Universität zu Köln unter der wissenschaftlichen Leitung von Prof. Dr. Dr. Frauke Rostalski. Sie stellt sich den Herausforderungen der Digitalisierung und hat sich zur Aufgabe gesetzt, die praktischen, rechtlichen, ethischen, politischen und gesellschaftlichen Wechselwirkungen von Technik und Recht anhand wissenschaftlicher Untersuchungen sowie praktischer Anwendungsbeispiele zu erforschen. Einzelne Task Forces beschäftigen sich mit aktuellen Fragen.

Die Task Force „Legal Tech: Smart Sentencing” zum Beispiel möchte die Möglichkeiten von Legal Tech nutzen, um Strafzumessungsentscheidungen transparent zu machen. Welche Strafe für eine Tat droht, hängt auch davon ab, wo sie abgeurteilt wird. Dies hat nicht zuletzt ein Gutachten im Auftrag des Deutschen Juristentags 2018 festgestellt: Die Strafzumessung für vergleichbare Taten variiert abhängig vom entscheidenden Gericht erheblich.

Der Ort der Entscheidung darf aber auf eine gerechte Strafzumessung grundsätzlich keine Auswirkung haben. Wie groß das Problem genau ist, lässt sich schwer abschätzen. Das liegt zum einen daran, dass die Urteile gerade der unteren Instanzen nur selten veröffentlicht werden und daher schwer zugänglich sind. Zum anderen hängt die Strafzumessung von vielen Faktoren ab, sodass sich zwei Urteile selbst dann nicht unmittelbar miteinander vergleichen lassen, wenn sie das gleiche Delikt betreffen. Schließlich macht aber auch die schiere Masse der Urteile, gerade bei der für dieses Problem besonders relevanten Alltagskriminalität, eine händische Auswertung faktisch unmöglich. Hier können Computer leisten, was Menschen unmöglich ist: Sie können in kurzer Zeit Zusammenhänge und Differenzen in unüberschaubaren Datenmengen finden und übersichtlich aufbereiten.

In einem ersten Schritt werden Methoden entwickelt, mit denen sich Urteile entsprechend strukturieren und analysieren lassen, um die strafzumessungsrelevanten Informationen in eine maschinenlesbare Form zu bringen. Auf Grundlage frei verfügbarer und bei den Gerichten eingesehener Urteile wird außerdem aktuell eine Datenbank erstellt. Anhand dieser Datenmenge lassen sich Vergleichsgruppen bilden, um insbesondere regionale Unterschiede in der Strafzumessung bei vergleichbaren Fallgestaltungen zu finden. Auch lässt sich abschätzen, welche Erwägungen in der Regel welchen Einfluss auf die Strafhöhe haben.

Neben dem wissenschaftlichen Interesse hat das Projekt auch einen ganz praktischen Nutzen: Für Strafverteidiger als Informationsquelle darüber, wie sich die Besonderheiten ihres Falls in der Region auf die Strafhöhe auswirken könnten. Und für Richter, die im Interesse der Gleichförmigkeit der Rechtsanwendung nach vergleichbaren Fällen suchen.

Weitere Task Forces sind „Talking Legal Tech“, das sich mit der Kommunikation über Legal Tech durch Entwicklung eines Podcasts beschäftigt, sowie die Task Force „Smart Cities”, die moderne Ansätze untersucht, wie sich durch Technikeinsatz die Bauleitplanung in Städten revolutionieren lässt.

Vollständige Quelle: Uni Köln